Die Macht der Medien und ihr Einfluss auf die Gesellschaft

Verfasst von: Thomas Krytzner
SWR-Journalist, Jörg Vins, sprach in Oberlenningen über die Macht der Medien
SWR-Journalist, Jörg Vins, sprach in Oberlenningen über die Macht der Medien  Bild: Thomas Krytzner
Die vermutete Macht der Medien scheint die Bevölkerung zu beschäftigen. Das stellte man auch im Julius-von-Jahn-Gemeindehaus fest. Über 80 Männer waren der Einladung zum Stammtisch gefolgt. Der Saal war voll. Seit einiger Zeit stehen die Medien im Fokus der Bürger. Lügenpresse, Fake-News oder „alternative Fakten“ sind da nur einige Stichworte, die oft für Missmut unter den Konsumenten der verschiedenen Medien sorgen.

Aus diesem Grund luden Rolf Hirsch, Günter Bublinski und Werner Schulmeyer vom Verein „Unser Netz“, den Leiter der SWR-Redaktion Religion, Kirche und Gesellschaft, Jörg Vins, ein. Dieser sprach über die Hintergründe, die Absichten und Einflüsse der Medien. Der SWR-Moderator startete seine journalistische Laufbahn mit einem Wechsel der Perspektive. Bis zu seinem Wechsel zum SWR war Jörg Vins katholischer Pfarrer. „Während meiner Zeit als Priester war die Kirche für mich Subjekt, seit meiner Anstellung beim SWR sehe ich die Kirche nun objektiv.“ Er vermutet, dass der öffentliche Diskurs eine große Rolle in der Medienlandschaft spielt. Und diese hat sich verändert.

Jörg Vins blickt in die Vergangenheit der "Nachricht". (Bild: Thomas Krytzner)

„Diskussionen werden immer mehr in den Medien geführt, statt zum Beispiel in den Parlamenten.“ Der SWR-Mann denkt dabei an die vielen Debatten in den diversen Talkshows. Er bedauert zwar, dass die Qualität der Gespräche darunter leidet, „aber die Sendungen sollen für die Zuschauer interessant sein.“ Er bestätigte, dass solche Formate nicht nur Inhalte vermitteln wollen, sondern vor allem Zuschauer vor die Bildschirme holen. In der Zeit vor den Medien tauschten die Menschen zum Teil auch über weite Entfernungen Meinungen aus. „Die Rauchzeichen waren eine eigene Sprache, aber jeder der betreffenden Völker verstand sie. Ebenso auch die Höhlenmalereien. Diese erzählten Geschichten.“ Er brachte schmunzelnd auch die Bibel als Beispiel: „Moses war wohl der erste Nachrichtensprecher, der vom Steinblatt las.“

„Gleich darauf folgte die Inquisition und diese schaffte den Buchindex, also eine erste Zensur.“ Doch mit der Zeit lernten immer mehr Menschen lesen und die Pressefreiheit setzte sich durch. Einen weiteren Meilenstein sieht Vins bei der weltweiten Vernetzung. „Am 2. August 1984 wurde die erste Email aus den USA nach Karlsruhe verschickt. Es dauerte damals 24 Stunden, bis sie ankam. Heute geht der Versand innerhalb von Sekunden um den Globus.“ Problematisch sieht der Redaktionsleiter die sozialen Medien. Seit Facebook, WhatsApp und Instagram können Informationen anonym in die Welt verbreitet werden.

„Das Klima der Kommunikation wurde rauer; es wird zum Teil kein Blatt mehr vor den Mund genommen“, bedauert Jörg Vins. Ebenso beschäftigt ihn, dass bei einer Stichwortsuche im Internet die angezeigten Informationen dazu schon personalisiert werden. „Jeder bekommt unterschiedliche Infos zum gleichen Stichwort. Bei einer Diskussion muss man viel mehr reden, um zu wissen, dass man vom Gleichen spricht.“ Vins prangert auch die Vermischung von Kommentaren und Berichten an. „Diese müssen ganz klar getrennt werden. Ein Kommentar bleibt die eigene Meinung des Verfassers und bei Berichten muss mehr recherchiert und die Quellen erforscht werden.“

Der Stammtisch in Oberlenningen war gut besucht. (Bild: Thomas Krytzner)

Er wünscht sich, dass Journalisten in aller Welt weg von der „gefühlten Wahrheit“ kommen. In der heutigen Zeit, in der viele Staaten die Medien kontrollieren und steuern, sei das kaum noch möglich, wie Vins vermutet. Ein typisches Beispiel für die Macht der Medien war die oft zitierte „Flüchtlingswelle“. „Da entstand doch durch Presse, Radio und Fernsehen der Eindruck, da kommt eine Welle auf uns zu, die wir nicht bewältigen können.“ Die Medien hätten dies später eingesehen und festgestellt, dass man der Flucht der Menschen ein Gesicht geben muss. „Erst jetzt werden Einzelschicksale beleuchtet.“ Der Rücktritt vom ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff war ein Paradebeispiel der Medienmacht.„Durch sein ungeschicktes Verhalten entwickelte sich in den Medien eine unaufhaltsame Dynamik und das Ende seiner Präsidialzeit war abzusehen.“

Damals war es schwierig sowas zu sagen, aber heute stellt sich mehr und mehr raus, dass dies ein Fall von Machtmissbrauch der Journalisten war, erklärte Jörg Vins. „Dass Journalisten Politik oder gar Personalpolitik betreiben gibt es immer wieder. Meistens wurde diesen nicht gut genug klargemacht, was ihr Job ist.“ Er ist sich sicher, dass ein hohes Maß an Selbstreflexion und vor allem kritische Kollegen helfen können, dass die Medien in Deutschland wieder einen guten Ruf erlangen. In der anschließenden Diskussion beantworte der SWR-Redaktionsleiter viele Fragen aus dem Publikum. Die nächste Stammtischveranstaltung ist ein Filmabend über den Stammtisch 50PLUS. Weitere Infos unter www.unser-netz.info/

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Artikelsignatur: Thomas Krytzner | Autoren-Ressort: Region.Reporter.de
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