Norman Seeff - ein amerikanischer Traum

Verfasst von: Gisbert Kühner
Norman Seeff
Norman Seeff  Bild: Geka Presse & Foto
"Ich kam in New York im Dezember 1968 als illegaler Einwanderer an..," erzählt Norman Seeff aus seiner Lebensbiografie. Schnell geriet er in New York in die aufstrebende Künstlerszene. Er hat die ganz Großen der Musikszene vor der Linse gehabt. Das Reiss-Engelhorn-Museum präsentiert ab dem 28.9.14 weltweit erstmals seine Fotografien in einer Einzelausstellung. "The Look of Sound" ist der treffende Titel der Ausstellung.

Der mittlerweile 75-jährige Norman Seeff wurde 1939 in Johannesburg geboren. Dort trat er zunächst in die Fußstapfen seines Vaters, studierte Medizin und war auch praktizierender Arzt am Klinikum in Soweto. 2 entscheidende Faktoren veranlassten ihn, den eingeschlagenen Weg zu verlassen: Seine kreative Ader meldete sich immer stärker und er kam überhaupt nicht mit dem System Apartheid zurecht. 1968 brach er alle Zelte in Südafrika ab, auch weil das Apartheid-Regime ihn inzwischen verfolgte. Nur mit einem Koffer, in dem sich eine kleine Mappe mit Fotografien und Zeichnungen, eine 35 mm - Kamera und die notwendigsten Dinge befanden, reiste er über London illegal in New York ein.

Patti Smith und Robert Mapplethorpe (Bild: Norman_Seeff/SEEFF300_)

In einer Bar traf er Patti Smith und den Fotografen Robert Mapplethorpe und er fragte sie, ob er sie fotografieren könne. Beide stimmten zu und die Fotos entstanden in deren Küche zu Hause. Diese erste Berührung mit der Musikszene prägte sein weiteres Schaffen. Seither legte er immer Wert auf eine partnerschaftliche, vertrauliche Verbindung zu seinen Modellen. So war es möglich, von diesen auch persönliche und private Einblicke zu bekommen. Norman Seeff wollte etwas über seine Modelle und ihre Umwelt erfahren. Diese Eindrücke in Einheit mit dem Vertrauen zu Norman Seeff geben die Modelle in den Portraits preis. Norman Seeff kam zu einer Zeit nach Amerika, als man als Quereinsteiger Karriere machen konnte. Vom illegalen Emigranten zum Starfotograf und Art Director. Ein amerikanischer Traum.

Frank Zappa (Bild: © Norman Seeff)

Seinen ersten offiziellen Auftrag verschaffte ihm sein Mentor Bob Cato, der ihm auch innerhalb weniger Jahre den Weg zum Art Director bei United Artists Record ebnete. Norman Seeff sollte ein Foto von The Band für deren neues Album machen. Vorher noch nie mit einem Auto in Amerika unterwegs, kam er mit erheblicher Verspätung zum vereinbarten Fototermin. The Band waren stinksauer und das shooting wäre beinahe geplatzt. Dieser besonderen Stimmung ist es wahrscheinlich zu verdanken, dass Norman Seeff bei der Aufnahme einen entscheidenden fotografischen Fehler machte. Auf dem Foto spiegelt sich der Schirm der Blitzanlage. Eigentlich unverzeihlich, aber genau das Abweichen von der Norm überzeugte die Plattenfirma. Das Foto wurde als Poster der Platte beigelegt und wurde so weltberühmt. Dieses Stilmittel verwendete Norman Seeff übrigens später noch einmal auf einem Foto von Frank Zappa.

Ike & Tina Turner (Bild: © Norman Seeff)

Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Norman Seeff? Zum Einen ist es seine Herangehensweise an die Foto-Session. Er versucht die Aufmerksamkeit der Portraitierten weg von der Kamera auf seine Person zu lenken. Er verlangt von Ihnen keine Posen, sondern verwickelt sie in persönliche Gespräche, gelegentlich fordert er sie auf, zu singen oder zu tanzen. Er schafft eine intensive Nähe zu den Modellen und gibt ihnen Raum, sich zu entfalten. Das Zweite ist, dass er bewusst damit spielt, Requisiten in seine Fotos einzubauen, z.B. Mikrofone, Mikrofonständer oder Leinwände. Eigentlich fachliche Fehler, die bei bestimmten Verlagen sogar zum Ablehnen seiner Fotos geführt hat. Diese "Fehler" haben sich zu seinem Markenzeichen entwickelt.

Norman Seeff war vor Eröffnung der Ausstellung in Mannheim. Er ist ein sehr charismatischer Mensch und Künstler. Man nimmt es ihm ab, wenn er erzählt, wie wichtig es für ihn ist, einen persönlichen Draht zu seinen Modellen zu finden. Dieses Verhaltensmuster zeigt er auch in den Gesprächen, die man mit ihm führt. Er ist offen und kommuniziert auf Augenhöhe. Mit seinen inzwischen 75 Jahren hat er viel zu erzählen und man hört ihm gebannt zu. Trotz seines Alters ist Norman Seeff noch sehr aktiv. Allerdings hat er sich von der Fotografie etwas entfernt. Er widmet sich inzwischen mehr den Filmaufnahmen. Veröffentlichen wird er diese bald auf einer eigenen Internetplattform.

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