Alt Wartenburg - der Hortfund

Verfasst von: Oktavian Narcyz MsD Bartoszewski
Brakteaten - Der Hortfund aus dem XIV Jahrhundert
Brakteaten - Der Hortfund aus dem XIV Jahrhundert  Bild: Oktavian Bartoszewski
Die Stadtwüstung Barczewko ( Alt Wartenburg) sticht unter den sonstigen aufgegebenen Siedlungen hervor, weil es nach dem verheerenden Stadtbrand keinerlei Versuche gegeben hatte, die Ruinen wieder aufzubauen. Wie in einer Zeitkapsel haben sich in den Kellern und Brandruinen die Zeugnisse des damaligen Lebens im Jahre 1354 erhalten, so dass die Archäologen die Siedlung auch als das „ermländische Pompeij“ bezeichnen.

Wie jedes Jahr folgten wir auch in diesem Sommer der Einladung des Archäologen Dr Arkadiusz Koperkiewicz ins Ermland, um an der Ausgrabungskampagne auf der wüst gefallenen Siedlung Alt Wartenburg teilzunehmen. Es ist unsere mittlerweile dritte Teilnehme an den Ausgrabungen. Die erste erfolgte im Jahr 2018, wir waren immer so in der Mitte oder der zweiten Hälfte der Ausgrabungskampagne vor Ort. Dieses Mal fuhren wir schon in der zweiten Woche der Kampagne nach Alt Wartenburg. Es ist Freitag, der 23 Juni 2023, als wir das Auto mit unserer Ausrüstung beladen und gen Osten starten, gespannt, was uns die diesjährige Ausgrabung für Überraschungen aus der Vergangenheit beschert.

Blick auf dem Wall von Altwartenburg (Bild: Oktavian Bartoszewski)

Das 1243 gegründete Bistum Ermland, die größte Diözese im damaligen Pruzzenland, erstreckte sich vom Frischen Haff im Nordwesten bis nach Galinden im Südosten, das bereits Teil des zeitgenössisch als „Große Wildnis“ bezeichneten Urwaldgebietes war. Dieses Gebiet stellte auch die umstrittene Grenze zwischen dem Gebiet des Deutschen Ritterordens und dem Großfürstentum Litauen dar. Der systematische Landesausbau mit deutschen Zuwanderern begann in diesem Gebiet erst nach der Niederschlagung der letzten Pruzzenaufstände, ab ca. 1280, an der Küste. Planmäßig angelegte Landschaften entstanden, „eine Kleinstadt, bei deren Gründung keine überregionalen handelspolitischen Gesichtspunkte, sondern die Bedürfnisse des inneren Marktverkehrs der umliegenden Siedlungen ausschlaggebend waren“. (P. Erlen), gut gesichert von einem Netz aus Burgen und Festungsanlagen. Eine dieser Festungsanlagen war das castum Wartenburg. Gegründet wurde diese Festungsanlage, Siedlung um 1320.

Kellereingang (Bild: Oktavian Bartoszewski)

Als wir ankommen, sind die ersten Grabungsflächen präpariert und die Archäologen und Studenten haben mit ihren Ausgrabungen begonnen. Wir sehen auch einen Jeep Wrangler mit einem Dachzelt, der uns sehr bekannt vorkommt, und tatsächlich treffen wir kurz darauf Artur Troncik, bekannt durch seinen Kanal Underground Passion, mit dem wir schon auf der Wolfsschanze, Hitlers ehemaligen Hauptquartier in Ostpreußen, gemeinsam geforscht und sondiert hatten. Eigentlich ist Artur sogar der Grund, warum wir überhaupt hier sind, er war es schließlich, der uns vor gut fünf Jahren nach Alt Wartenburg zu Dr. Koperkiewicz eingeladen hatte. Artur ist allerdings kein Archäologe im engeren Sinne, er ist hier im Auftrag des Detektorherstellers RUTUS, um hier die neuesten Geräte unter Praxisbedingungen der archäologischen Feldforschung zu testen und die Ergebnisse direkt in die Entwicklung der Geräte einfließen zu lassen.

Fragmente eines Armbrustschützen Gürtels (Bild: Oktavian Bartoszewski)

Seine Funde können sich durchaus sehen lassen. Artur macht in dem kurzen Zeitraum, in welchem wir die Grabumg begleiten, gleich eine ganze Reihe spektakulärer Funde. So detektiert er dort ein weiteres Bauernwehr, doch dieses Mal nicht als Grabbeigabe sondern frei im Feld, gleich daneben findet er die Reste des Gürtels eines Armbrustschützen, er findet den Ring, die Spannhilfe und die Schnalle, der bisher einzige Fund dieser Art in Alt Wartenburg. Daneben ein paar Breakete des Deutschen Ritterordens, mehrereArmbrustbolzen und Heiligenanhänger. Unter den diesjährigen Funden befindet sich auch der Knauf eines Schwertes, also das Ende des Griffs,der das Gegengewicht zur Klinge bildet. Dieser wurde allerdings durch eine klassische Grabung in einem der Keller gefunden.

Der Hortfund im Moment der Entdeckung (Bild: Oktavian Bartoszewski)

Am zweiten Tag, am frühen Morgen, wir waren gerade auf dem Grabungsareal angekommen, wurde es an einer Stelle der Ausgrabung lauter und es kam zu einem kleinen Auflauf rund um ein Grabungsloch. Auf einmal winkten uns die Personen herbei und wir wurden Augenzeugen, wie aus dem Boden einer Kellergrube ein Klumpen hervorragte, er war vielleicht 7 cm x 7 cm, und in diesen Klumpen klebten mittelalterliche Münzen. Es waren Brakteaten, Münzen, die einseitig auf einer dünnen Silberplatte geprägt wurden. Der Hortfund bestand aus ca 150 solchen Münzen, ein echter kleiner Schatz. Dr. Koperkiewicz begutachtete den Münzschatz und gab eine erste Einschätzung: „Das Ensemble besteht aus den sogenannten Brakteat-Pfennigen, deren Materialwert nicht groß war. Es ist wertvoll, weil es wahrscheinlich alle Arten von kleinen Münzen enthält, die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts in Ermland im Umlauf waren.

Nach Ansicht der Archäologen ist die Forschung in Barczewko nicht nur wichtig, um die Pionierphase der Kolonisierung des Ermlandes zu verstehen, sondern auch den Prozess der Urbanisierung Mittel- und Osteuropas und die Anfänge der Städtebildung im Mittelalter. Wir hoffen natürlich, auch im nächsten Jahr wieder von der Grabung und neuen, spektakulären Funden berichten zu können, aber aktuell ist die Fortführung der Grabungskampagne noch ungewiss, da es Unstimmigkeiten mit dem Landbesitzern gibt, welche ihre von der Grabung betroffenen Flächen seit mittlerweile zehn Jahren nicht bewirtschaften können. Hoffen wir, dass es gelingt, bis nächstes Jahr einen für beide Seiten tragbaren Kompromiss zu finden.

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